Geschäftsbericht 1935

Geschäftsbericht des Verbandes über das Jahr 1935.
In: Der Buchhändler, 17. Jg., Nr. 26/28, 11. September 1936, S. 89.

Der Verlag.

Ueber das Verlagswesen berichtet die Presse auf Grund der ihr bekanntgewordenen statistischen Ziffern folgendes:

„Die Zahl der nichtperiodischen Druckschriften in der Tschechoslowakei hat sich 1934 von 7994 auf 9958 erhöht, wobei die Zahl der in deutscher Sprache erschienenen Druckschriften nur von 1013 auf 1073 gestiegen ist, so daß sich der Anteil der deutschen Druckschriften an der Gesamtzahl gegenüber dem Jahre 1934 von 12.7 auf 10.8% gesenkt hat. Die Gesamtzahl der Uebersetzungen hat sich von 740 auf 767 erhöht, perzentuell ergibt sich jedoch hier ein Rückgang von 9.2 auf 7.7, während die Zahl der Originaldruckschriften absolut von 7254 auf 9191 und perzentuell von 90.8 auf 92.3% gestiegen ist. In tschechischer Sprache sind 1935 insgesamt 7126 Druckschriften erschienen gegen 5672 im Jahre 1934, in slowakischer Sprache 1229 gegen 878, so daß erstmals die Zahl der slowakischen nichtperiodischen Druckschriften größer ist als die Zahl der in deutscher Sprache abgefaßten Druckschriften. Nach der Gliederung der Verleger entfielen von der Gesamtzahl der erschienenen nichtperiodischen Druckschriften auf private Verleger 55.4%, wissenschaftliche Korporationen 4.6%, Fachkorporationen 16.8%, Kulturkorporationen 3.4%, selbständige Herausgeber von Zeitschriften 1.6%, Staat 14.9%, Länder 0,6%, Selbstverwaltung 1.1 Prozent und Klerus 1.6%.

Darnach müßte man bei oberflächlicher Betrachtung zu der Ansicht kommen, daß das Verlagsgewerbe noch einen goldenen Boden hat, denn einerseits wird fast die Zahl der Produktion Deutschlands erreicht, andererseits erscheint mehr als die Hälfte in berufsständigen Verlagen. Die Zeitungsnotizen nennen den großen Teil der Buchhersteller „Private Verlage“ und haben die näheren Untergliederungen fallen gelassen, deren Ziffern allerdings erst für das Jahr 1933 bekannt sind, und folgendes Bild zeigen:

Nichtperiodische Produktion, nach Verlagen geordnet:

insgesamt belehrende Werke Kunstwerke
I. Private Verleger 6655 3983 2672
davon physische Personen 4664 2233 2431
darunter Gewebetreibende 3101 1117 1924
Autoren 799 559 240
Sonstige phys. Personen 764 497 267
II juristische Personen 1191 1750 241
Darunter wissenschaftl. Körperschaften 465 418 47
Fachkörperschaften 1179 1089 90
Kulturelle Körperschaften 229 147 82
Zeitungsverlag 118 96 22
III. öffentliche Verleger u. zwar Staat, Land, Kirche u. Selbstverwaltungskörper 1092 1063 29

Verleger der Gruppe II und III mit Ausnahme des Zeitungsverlages produzieren unter wesentlich anderen Verhältnissen als der gewerbsmäßige Verlag. Die Investitionen, die hier gemacht werden, sind von Vornherein in den Haushaltungsplan gestellt, die Frage der Kapital- und Kreditbeschaffung, der Realisierung der Bestände, spielt keine mitbestimmende Rolle. Nach der Seite des Absatzes hin ergeben sich Erleichterungen, die der berufsständische Verlag, der wie der deutsche Verlag der Tschechoslowakei mit seinen kaum 500 zählenden Erscheinungen auf die Mithilfe von rund 200-250 Sortimenter angewiesen ist, einfach nicht kennt. Hier ein bestimmter, von vornherein feststehender Absatz (bei Vereinen: Mitglieder, bei öffentlichen Körperschaften: Aemter und deren Angestellte), der verhältnismäßig geringe Vertriebsspesen beansprucht, dort Versuche, die Auflage so zu bemessen, daß sie dem erreichbaren Absatz annähernd entspricht. Eine gewisse Absatzbegrenzung, dazu die Unmöglichkeit, die gleichen Verkaufspreise und Händlerrabatte wie das Hauptproduktionsland gewähren zu können, lassen die berufsständige Verlegertätigkeit ebenso schwer, jedoch mit größeren Risken verbunden, als die Sortimentertätigkeit erscheinen. Wenn für den Verleger nur kaufmännische Gesichtspunkte maßgebend wären, so würde es um die heimische deutsche Buchproduktion schlecht bestellt sein, denn auch Selbstverleger, kulturelle Körperschaften, Vereine und Verbände könnten bei Aufhören berufsständischer Verlegertätigkeit kaum größere Mittel zur Erweiterung der meist unter bestimmten Gesichtspunkten stehenden Produktion aufbringen. Verlage besitzen daher durchwegs einen Rückhalt, sei es in Form einer Buchdruckerei, einer Reise- und Versandbuchhandlung usw., aus dem sie Mittel zur Aufrechterhaltung des Vertriebes schöpfen können. In wirtschaftlicher Hinsicht nimmt der Verlag in der Gruppe der Buchhandelsfamilie keine bevorzugte Stellung ein, nur liegen seine Schwierigkeiten auf anderen Gebieten, auf die der Sortimenter gewöhnlich erst dann stößt, wenn er sich einmal verlegerisch betätigt.