Geschäftsbericht 1933

Geschäftsbericht des Verbandes über das Jahr 1933.
In: Der Buchhändler, 15. Jg., Nr. 25/27, 1.–21. September 1934, S. 96ff.

„Der Buchmarkt Deutschlands“, so schreibt die „Große Uebersicht“, „ist naturgemäß durch den Umbruch im Jahre 1933 in ein gewisses Vakuum geraten. Das Alte ist geistig und wirtschaftlich entwertet, das Neue noch nicht allgemein gültig geformt. Kulturpolitische ist in richtiger Konsequenz und zielsicher die ganze Arbeit auf die neue weltanschauliche Arbeit ausgerichtet, doch dann das neue Werden in seiner wirklichen Tiefe erst langsam seinen Niederschlag im Buch finden.“ Daß man in Deutschland auch dem Buchexport Interesse schenkt, geht aus folgenden Ausführungen der vorgenannten Zeitschrift hervor: „Uns muß zuerst daran gelegen sein, die deutsche Sprache in der Fremde lebendig zu erhalten und ihre Kenntnis zu fördern. Neben wirtschaftlicher, technischer, kaufmännischer und Wirtschaftsliteratur als Förderer unserer Industrieerzeugnisse ist vor allem die schöne Literatur die starke und tiefwirkende Werberin für unsere Sprache. Ihre Exportfähigkeit wird zum größten Teil von einer Berücksichtigung der Auslandsmentalität, von einer weiteren Pflege der bürgerlichen Kultur (gemeint ist wohl Individualitätswahrung frei von Gleichschaltung) abhängen. Das bedeutet indessen, daß innerhalb des Reiches auch Raum bleiben muß für solches Schaffen und Verlegen, und hier gilt ganz besonders das, was Wilfried Bade ausgesprochen hat: „Ein Buch, in dem mit keinem Worte von SA, vom dritten Reiche, vom Nationalsozialismus die Rede ist, kann doch tausendmal erzieherischer sein, als ein Roman, in dem es von braunen Erlebnissen nur so wimmelt.“

Damit ist wohl die Aussicht gegeben, daß ein Teil der Verlegerschaft nach der Uebergangswelle Werke in stärkerem Maße auf den Markt bringt, die im Ausland absatzfähig sind.

Der Inlandsverlag berichtet, mit einer Ausnahme, auf die wir abschließend zurückkommen, daß von einer Absatzsteigerung nicht gesprochen werden kann, sowohl was die allgemeine Literatur als auch im besonderen den Schulbücherverlag betrifft. Gegenüber dem Jahre 1928 ist ein starker Absatzrückgang zu verzeichnen.

Schulbücher wurden trotz der großzügig angelegten und von der Schulbücherverlegersektion durchgeführten Gemeinschaftspropaganda vom Sortimenter sehr vorsichtig, meistens erst bei tatsächlichem Bedarf bestellt. Die bescheidene Schulbuchproduktion hat lediglich durch die Schaffung inländischer approbierter Schulwandkarten und Schulwandbilder eine kleine Belebung erfahren.

Der Absatz von Bilderbüchern war nicht besser als in früheren Jahren. Trotz hohen Rabattes, Zahlungsziel auf der einen /97/ Seite und Einfuhrschwierigkeiten auf der anderen Seite, kann der Bilderbuchverlag keine Verbesserung seiner Lage feststellen.

Die Zahlungsweise ist etwas schleppend geworden, so daß Nachnahmelieferungen und Zwangseinzugsmaßnahmen nicht vermieden werden konnten. Eine Reihe von Sortimentern überschritt die zugesagte Quote bei Schulbücherrücksendungen, was zur Folge hat, daß sich der Verlag zur Vermeidung von Unstimmigkeiten wieder stärker an die organsisationsmäßig niedergelegten Vereinbarungen halten muß. Bezüglich des Kredites haben die Verleger nach Möglichkeit längere Zahlungsziele eingeräumt, wenn dafür eskomptierbare Akzepte gegeben wurden.

Der bisher vom Sortiment nicht allzu sehr beachtete heimische, schöngeistige Verlag hat im Berichtsjahre eine kleine Verbesserung des Buchabsatzes erfahren. Der Verlag glaubt den Grund dafür in dem gewachsenen Interesse für das sudetendeutsche Schrifttum zu erkennen. Die ständige seit Jahren betriebene Werbung zeitigt endlich Erfolge, die sich auch zu Gunsten einer Reihe von Buchhandlungen auswirkten, die sich schon früher dem Vertrieb heimischer Verlagswerke gewidmet haben. Den Absatz halfen die Werke von Strobl, Watzlik und von Gustav Cartellieri steigern. Von den jungen Autoren wurde Lindenbaum gefragt. Außer den Neuerscheinungen des Jahres erfreuten sich Scholz, Leppa, Bruno Brehm und Werke von Franz Spunda ständiger Nachfrage. Der heimische Verlag verspricht sich von einer immer stärker werdenden Zusammenarbeit mit dem Sortiment eine nachhaltige Förderung heimischer Dichter. Die Darstellung gewinnt dadurch an Wert, daß der schöngeistige Verlag die Umsatzverbesserung nicht als Auswirkung des Einfuhrbewilligungsverfahrens, sondern als Ergebnis erhöhter Tätigkeit und Verwendung des heimischen Sortiments wertet.

Zur Beurteilung der Verlagstätigkeit in der Tschechoslowakei seien folgende statistische Daten aufgeführt: Im Jahre 1929 wurden 7449 Bücher und 3539 periodische Druckschriften herausgegeben. Das Jahr 1932 brachte ein Ansteigen auf 8189, woran allerdings der Staat mit 18% beteiligt ist. Sprachlich verteilt sich die Produktion wie folgt:

6040 Bücher in tschechischer Sprache,
926 in deutscher Sprache,
789 Bücher in slowakischer Sprache,
195 Bücher in ungarischer Sprache.

Der Rest verteilt sich auf slawische, germanische und romanische Bücher. Von dieser Produktion wurden in tschechischen Verlagen 33%, in deutschen Verlagen 3%, in slowakischen Verlagen 2% herausgegeben; der verbleibende Rest von rund 60% erschien außerhalb des Buchhandels (öffentliche Hand, Selbstverlag, u.s.w.). Diese Zahlen lassen deutlich erkennen, daß mehr als die Hälfte der Produktion unter Ausschluß der gewerbemäßigen Verlage auf den Markt kommt und zumeist ihren Weg ebenfalls unter Ausschluß des Buchhandels zum Publikum findet. Daraus ergeben sich sowohl für den Verlag als auch das Sortiment Schwierigkeiten, die sehr schwer zu beseitigen sind, weil dieser Verlagsproduktion vielfach ein Verteilungsapparat zur Verfügung steht, zu dem vornehmlich Organisationen und Gewerkschaften zählen.