Das deutsche Buch im Böhmerland.
In: Böhmerlandjahrbuch für Volk und Heimat 1924. Herausgegeben im Auftrage aller deutschen Schutzvereine der Tschechoslowakei von Otto Kletzl, S. 151–152.
Alljährlich wird in der Tschechoslowakei etwa 1 Million deutscher Bücher verkauft, davon stammt etwa ein Dreißigstel aus heimischen und nahezu 29 Dreißigstel aus deutschen Verlagen. Ein Sechstel des Umsatzes etwa ist zur Deckung des Bedarfes von deutschen Gemeindebüchereien bestimmt. Dieses Sechstel stellt dank des gemeinsamen Willens unserer Volksbildner, durch sorgfältige Auswahl der Werke in den Büchereien Mittel zur Einigung und Stärkung einer sudetendeutschen Willensgemeinschaft zu bilden, wenigstens in den Dichtwerken eine geschmacklich, gedanklich und sittlich besonders wertvolle und in der Zusammensetzung durch viele Gleichstücke charakterisierte Büchergemeinschaft dar. Etwa 2000 deutsche Buchwarte bezwecken mit ihr den Zusammenhang unseres Deutschtums innerhalb unserer Heimat zu stärken und ihn mit dem Geistesleben des Gesamtdeutschtums zu verbinden. Die Erweckung dieser 2 Bataillone von Volksbildnern, welchen im Laufe der nächsten 5 Jahre ein drittes folgen soll, ist ein Werk der Deutschen Volksbüchereigenossenschaft, die nun seit 3 Jahren in Leitmeritz besteht und in dieser Zeit etwa zwei Hunderttausend Bücher der geeigneten Auswahl, zumindest in besonderen Büchereibänden an deutsche Büchereien vermittelt hat.
Aus dem Übrigen ergibt sich, wie stark die literarische Abhängigkeit Sudetendeutschlands von der reichsdeutschen Erzeugung des Buchmarktes ist. Die 659 deutschen Werke, die im Jahre 1921 in der Tschechoslowakei erschienen sind, stellten zwar bei weitem nicht die schriftstellerische Gesamtleistung unserer Heimat dar, weil unter den 34.252 zur gleichen Zeit im Deutschen Reich verlegten vielleicht 1000 unseren Landsleuten zuzurechnen sind.[1] Immerhin stellen wir auf dem Büchermarkt verhältnismäßig weit mehr als Verbraucher, denn als Dichter, Schriftsteller und Gelehrte, Verleger und Buchhändler da. Daraus ergibt sich für uns die Pflicht, ganz besonders unsere völkische Kraft als Verbraucher zusammenzufassen und dem Deutschen Reiche dadurch auf unserer Weise in seiner Notlage zu Hilfe zu kommen.
Wir müßten dazu nicht nur den bisherigen Verbrauch an Büchern aus Deutschland in unserer Heimat unterrichtet sein, sondern auch einen mehr oder minder festen Zusammenhang der Bücherkäufer mit besonders für die Buchberatung tauglichen und untereinander verbundenen Volksbildnern besitzen, die dann einen Zusammenhang mit dem Buchmarkte auf dem Weg vielleicht über den Buchhändlerverband herzustellen hätten.[2]
Wir Deutschen in den Sudetenländern könnten heute dem Deutschen Reiche auf solche Weise durch Übernahme einer gewissen Auflagehöhe von Werken, die für die Pflege unseres Deutschbewußtseins, unserer wissenschaftlichen, künstlerischen, sittlichen und philosophischen Grundanschauungen nötig erscheinen, unschätzbare Dienste leisten. Leider fehlt es für die Durchführung dieses Planes, der von der Deutschen Volksbüchereigenossenschaft im Vorjahre dem Buchhändlerverbande u.a. Körperschaften unterbreitet wurde, an der nötigen Einsicht und auf der Seite der Bücherkäufer an einem entschlossenen Willen.
Anmerkungen
[1] Geistige Werke dürften ebensowenig wie andere bloß gezählt werden, sie wollen gewogen sein. Werke von den Deutschenböhmen Kolbenheyer, Herkner, Wieser, Dopsch bedeuten für Kunst und Wissenschaft Unersetzliches. Deshalb auch ist es wahrscheinlich kein Vorsprung der betriebsamen Tschechen, die 7.5 mal mehr im Staate verlegen als die Deutschen (darunter bezeichnenderweise 641 Werke über Verwaltung, Recht und Politik, 521 über Geschichte, Geographie und Volkskunde, 1038 zur schönen Literatur und als Übersetzungen und 766 Musikalienausgaben).
[2] Ansätze dazu sind vorhanden in der deutschen Volksbüchereigenossenschaft in Leitmeritz und im Buchwarteverband, vielleicht auch im deutschen Akademikerverband und im Lehrerbund.