50 Jahre „Svaz“
Der „Svaz knihkupcův a nakladatelů“, d.i. der Tschechische Verband der Buchhändler und Verleger in der Tschechoslowakei, feierte in Prag mit einer Reihe würdiger und äußerst gelungener Veranstaltungen den 50. Jahrestag seines Bestehens.
Eingeleitet wurden die Festlichkeiten im Stadttheater mit einem musikalischen Programm, dem ein Vortrag von Prof. Dr. Arne Novák folgte, in welchem ausführlich das Thema „Der tschechische Verleger als Mitschöpfer der literarischen Kultur“ behandelt wurde. Der zweite Teil bot Rezitationen der bedeutendsten tschechischen Dichter und anschließend daran eine für diesen Festabend dramatisierte Szenenfolge aus dem historischen Roman „F.L. Vĕk“ von [Alois] Jirásek. Die drei Szenen gaben ein Bild der Bestrebungen der Wiedererweckung der tschechischen Sprache durch den tschechischen Buchhändler und Verleger Kramerius sowie anderer Patrioten, in der Zeit um 1790. Es blieb dem Zuhörer überlassen, durch einen Vergleich zwischen 1790 auf der Bühne und 1930 den steilen Aufstieg einer Nation sich zu vergegenwärtigen und die Wiedererweckung einer Sprache. Die drei Szenenfolgen wurden den Festteilnehmern in einem schön ausgestatteten Sonderdruck überreicht.
Am nächsten Tage fand die Festsitzung des „Svaz“ in der neuen städtischen Bücherei statt. Der erste Vorsitzende, Jan Laichter, konnte zahlreiche Gäste begrüßen, den Vertreter des Präsidenten der Republik, die Vertreter der Ministerien, Behörden und der befreundeten Vereine, darunter den Vertreter des Verbandes der Deutschen Buchhändler der Tschechoslowakei. In der Begrüßungsansprache gab der Vorsitzende ein Bild der Entwicklung des „Svaz“ und einen Ausblick in die Zukunft mit Hinweis auf die Ziele des Verbandes. Nach Verlesung der zahlreich eingelaufenen Begrüßungstelegramme sprach Dr. Josef Volf, Direktor der Bibliothek des Nationalmuseums, über die „Entwicklung des tschechischen Buchhandels und des Verlages bis 1848“. Dr. Volf, bekannt als Forscher auf dem Gebiete der Geschichte des Buches[1], brachte eine solche Fülle neuer interessanter Einzelheiten seiner Forschungsergebnisse, daß es wünschenswert erscheint, seinen Vortrag auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen.
Hierauf folgte die Mitteilung von der Gründung einer Literaturstiftung in der Höhe von 100.000 Kč und die Ernennung von 4 Ehrenmitgliedern. Im Anschluß daran sprach Direktor Dr. Thon über die von ihm geleitete Prager Zentralbücherei und gab einen kurzen Abriß über deren Ausbau und Betrieb. Im Schlußwort dankte der erste Vorsteher des „Svaz“ den erschienenen Gästen. Von Dir. Dr. Thon erfolgte hierauf ein Rundgang durch die neuen, schönen Räume des repräsentativen Baues der neuen Bücherei.
Der Nachmittag vereinigte Gäste und Kollegen bei einem Festdiner.
Aus Anlaß des 50jährigen Gründungsfestes des „Svaz“ hat Direktor Dr. Josef Volf in den Räumen des Nationalmuseums eine Ausstellung veranstaltet, in der eine Reihe seltener, früher böhmischer Drucke, sowie Dokumente und Kataloge der Buchhändler und Verleger derart gezeigt wurde, daß der Beschauer einen lebendigen Eindruck der Entwicklung des tschechischen Buches, dessen Verlages und des Buchhandels mitnahm.
Der Buchhändler, 11. Jg., Nr. 7/8, 1.-11. März 1930, S. 26–27. Zur Gründung des Vereins „Spolek českých knihkupcův a nakladatelův“ (Verein der böhmischen Sortimenter und Verleger) am 2. November 1879 siehe Österreichische Buchhändler-Correspondenz, Nr. 43, 25. Oktober 1879, S. 425, sowie ebenda, Nr. 46, 15. November 1879, S. 457. Der heutige Verein Spolek českých knihkupcův a nakladatelův (SČKN) nannte sich ab 1924 Svaz knihkupců a nakladatelů Československé republiky und ab 1939 Svaz čes. knihkupců a nakladatelů. Eine ausführliche Geschichte des Verbands in tschechischer Sprache stammt von Aleš Zach. Siehe Lexikon české Literatury. Osobnosti, díla, instituce. 4 S–Ž. Dadatky k LČL 1–3, A–Ř. Svazek I S–T. Praha: Academia, 2008; S. 304–308.
Anmerkungen
[1] Siehe u.v.a. Geschichte des Buchdrucks in Böhmen und Mähren bis 1848. Weimar: Straubing & Müller, 1928.