Verlag Jos. R. Vilímek in Prag
Das Jahr 1908 kann in Vilímeks Verlag als ein Jubiläumsjahr angesehen werden: Gerade vor 50 Jahren wurden nämlich durch den Vater des heutigen Verlegers die illustrierten politisch-satirischen „Humoristické Listy“ (Humoristische Blätter) gegründet. die bis heute noch erscheinen, und noch in ihrem 53. Jahrgange als Hauptfaktor des ganzen jetzigen modernen Unternehmens angesehen werden müssen. Wir können das Blatt daher auch mit Recht als den ersten segenbringenden Samen betrachten, aus dem in den vielen Jahren der ganze mächtige Baum entsprossen ist.
Aber neben den „Humoristischen Blättern“ hat der eifrige Verleger nicht vergessen, sein Augenmerk auch auf andere sporadische, hauptsächlich dem Volke gewidmete Unternehmungen zu richten. Durch weitere Ausdehnung seines Verlages sah er sich endlich veranlaßt, im Jahre 1872 eine eigene Buchdruckerei zu errichten. Der Anfang des eigentlichen modernen Verlages datierallerdingerst vom Jahre 1886, zu welcher Zeit der Sohn des bisherigen Inhabers, Jos. R. Vilímek jun., das Geschäft übernahm.
Von Jahr zu Jahr wuchs nun immer mächtiger die natürliche Ausdehnung des jungen Hauses, so daß endlich, nachdem auch neue Häuser zugekauft wurden, von einem großen Unternehmen gesprochen werden konnte. Einer der Hauptgründe dieses raschen Aufblühens und der Beliebtheit bei dem lesenden Publikum war auch die systematische Herausgabe von unterhaltenden und bildenden Jugendschriften (bisher an 200 Bände), welche im Jahre 1880 durch die Begründung der billigen illustrierten Jugendzeitschrift „Maly Čtendř“ (Der kleine Leser) ihren Anfang nahm.
Das emporblühende Institut wurde vor Weihnachten 1899 durch eine Feuerkatastrophe fast gänzlich vernichtet; aber schon nach einem Jahre wurde die Verlagsbuchhandlung neu aufgebaut und mit allen modernen Errungenschaften ausgestattet.
Im Jahre 1896 wurde die Filiale in Wien (I. Schottenring 1) und im Jahre 1903 in Prag (Ferdinandova třída im Šlikschen Palais) ein Sortiment errichtet, zu dem sich in den letzten Jahren auch eine Bahnhofsbuchhandlung mit mehreren Filialen auf verschiedenen böhmischen Stationen der Staatsbahnen beigesellte. So gehört heute Vilímeks Verlag mit seiner Zentrale in Prag und mit allen seinen Filialen zu den größten Firmen Böhmens. Er beschäftigt eine ganze Reihe von Redakteuren, eine große Anzahl von Beamten und kann sich auch mit Recht seiner großen Menge wertvoller und nützlicher Publikationen rühmen, die zur geistigen Aufklärung des böhmischen Volkes vorzügliche Dienste geleistet haben.
Neben den bereits genannten Publikationen wurden aber auch andere wertvolle große und wichtige Werke von kultureller Bedeutung verlegt.
So gibt heute die Verlagsanstalt 14 verschiedene Sammlungen für die Jugend und Erwachsene heraus, von denen die wichtigste: „Vilímeks Bibliothek” heute bereits im 12. Jahrgg. steht und die besten Namen der böhmischen sowie der Weltliteratur aufweist, und die „Bibliothek der berühmten Autoren der Weltliteratur“, die meistenteils in illustrierten Ausgaben die gesammelten Werke von Weltklassikern (Zola, Maupassant, Tolstoj, Arcybaschev, d’Annunzio, Balzac usw.) bringt. Die Verlagsanstalt verlegte aber auch gesammelte Schriften bedeutender böhmischer Autoren (Klecanda, bis jetzt 21 Bände, Klostermann 14 Bände, Nováková, F. X. Svoboda usw.); weiter die sechsbändige Auswahl der „Böhmischen Poesie des XIX. Jahrhunderts“; ferner gleichzeitig mit der Volksausgabe die große kritische Ausgabe von Werken des Jan Hus, die große Birjukowische Tolstoj-Biographie, eine reiche Zahl von wertvollen wissenschaftlichen und volkstümlich belehrenden Publikationen und Monographien aus allen Zweiges des menschlichen Wissens, so zum Beispiel: Brauns „Mineralreich“ mit originalfarbigen Bildern, Stanley „Im dunkelsten Afrika“, Sven Hedin „Im Herzen Asiens“, Rezek-Dolenský „Illustrierte Geschichte der böhmischen Nation“, Jirásek „Alte böhmische Sagen“, das große Kulturwerk „Das XIX. Jahrhundert in Wort und Bild“, Barzini „Peking Paris im Automobil“ usw. Aber auch andere kulturell wertvolle Unternehmungen werden nicht vergessen, so zum Beispiel wird große Sorgfalt auf den Verlag der Landkarten gelegt, auf herrliche und wertvolle Bilderwerke von denen hauptsächlich das „Böhmische Album“ und das „Nationalalbum“ mit Biographien und Bildern berühmter Männer und Frauen der böhmischen Nation erwähnt werden müssen: weiter verdienen genannt zu werden: Hippmanns „Auf den Spuren des böhmischen Ruhms“, großes Bilderprachtwerk „Im Fluge durch die Welt“ und „Im Fluge durch die böhmische Welt“ eine Anzahl verschiedene Musikalien, Jugendspiele usw.
Und so soll auch in Zukunft das Streben des Verlages dahingehen, in allen Zweigen menschlichen Wissens, in kultureller und nationaler Hinsicht den strengsten Anforderungen gerecht zu werden.
In: Festnummer der österr.-ungar. Buchhändler-Correspondenz, Teil II, S. 76. Wien 1910.