Verlag Adolf Synek

Verlag Adolf (Karl) Synek, Prag

Die Firma (Buch- und Verlagshandlung) wurde laut Adreßbuch des Deutschen Buchhandels am 15. Oktober 1900 vom gelernten Buchhändler Adolf Synek (1.11.1868–20.1.1943, Theresienstadt) in Prag gegründet. Ab Jahrgang 1936 des Adressbuches firmiert sie unter dem Namen Verlag Karl Synek. Der Verlag ist in unserem Zusammenhang deshalb von Interesse, weil während der Atrium Verlag (Basel-Wien-Mährisch-Ostrau)  sich die Bücher Erich Kästners in deutscher Sprache von der Firma Jul. Kittls in Mährisch-Ostrau ausliefern ließ, Synek die Bücher Kästners in tschechischer Übersetzung verlegte und ihnen zum Durchbruch verhalf. Die einzige Darstellung der Firmengeschichte in deutscher Sprache stammt von Gerda Faerber, die in ihrer Wiener Diplomarbeit aus dem Jahr 2012 eine Vielzahl von tschechischsprachigen Quellen auswertet.[1] Der Schwerpunkt des Verlagsprogramms[2] waren Übersetzungen u.a. aus dem Deutschen, Englischen, Niederländischen, Kroatischen und Russischen, aber eine Übersetzung aus dem Tschechischen ins Deutsche hat langfristig zum Renommee des Verlags beigetragen. Es handelt sich um das zuerst 1926 bei Synek in deutscher Übersetzung von Grete Reiner erschienene und von Josef Lada illustrierte Werk von Jaroslav Hašek (1883-1923) Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk während des Weltkrieges, das in mehreren Teilen herausgegeben wurde.

NebSynek Anzeigeen den vier Kinderbüchern Kästners brachte Synek eine Vielzahl weiterer Kinderbücher heraus. In einem Abschnitt über das Kinderbuchprogramm des Verlags Synek schreibt Faerber zurecht: „Der Verlag Synek wird vor allem mit Jaroslav Hašek assoziiert. Allerdings darf durch die Prominenz des Švejk die bedeutende Stellung, die der Verlag in der tschechischen KJL einnahm, nicht in den Schatten gestellt werden. (S. 13) Weiters: „Das Engagement der Verleger Adolf und Karel Synek für zeitgemäße KJL der dreißiger Jahre lässt sich nicht nur an den herausgegebenen Titeln ablesen, sondern auch an den Büchern angeschlossenen Verlagswerbungen oder an Nachworten des Verlegers, die sich an die jugendlichen Leser oder die erwachsenen Käufer wenden, so etwa 1932 im Nachwort zu Emil a detektivové:“ Moderne zeitgenössische Kinder- und Jugendliteratur erschien bei Synek in der Reihe „Romány pro děti“ (Romane für Kinder), in der zwischen 1932 und 1936 sieben Titel, davon gleich fünf Übersetzungen aus dem Deutschen, angefangen mit Kästners Emil und die Detektive, verlegt wurden.

Die chronologische Liste der von Faerber ermittelten Kinder- und Jugendbücher, die im Verlag Synek erschienen, sieht wie folgt aus:

  • Pat Sullivan: Kocour Felix, Cartoons
  • George Studdy: acht Bonzo-Cartoons
  • Josef Lada: Veselý krok přes celý rok, Mňoukačky naší kočky, Štěkadla našeho pudla
  • (1930), Ratata! pokrok, sport a zvířata, Ihá! zvířátek plná kniha
  • Jarmila Hašková: Z notesu svatého Petra (1930)
  • Josef Kopta: Antonín a kouzelník (1931)
  • Vladislav Vančura: Kubula a Kuba Kubikula. Ondřej Sekora (1931)
  • Erich Kästner: Emil a detektivové (1932), (dt. Emil und die Detektive, 1930)
  • Vlastimil Rada und Jerry Jack (i. e. Jaroslav Žák): Vzpoura na lodi „Primátor Dittrich“ (1932)
  • Jo Van Ammers-Küller: Statečná Helga. Moderní dívčí román (1934), (niederl. Frans van Altenas vuurproef (1920; dt. Tapfere kleine Helga, 1932)
  • Otto Frank Heinrich: Útok na R 148 (1934), (dt. Fahrt frei für FD 122!, 1932)
  • Erich Kästner: Kulička a Toník (1934), dt. (Pünktchen und Anton, 1931)
  • Erich Kästner: Bylo to 35. května (1934), (Der 35. Mai, 1931)
  • Petr Mattheus: Čtyři kluci něco svedou (1934), (dt. Vier Jungen wissen sich zu helfen, 1931)
  • V(ilém) Matthiessen: Červené U (1934), (dt. Wilhelm Matthießen: Das rote U, 1932)
  • L(eonid) Pantělejev: Kolja a jeho hodinky (1934), (russ. Часы, 1928)
  • Václav Řezáč: Kluci, hurá za ním! (1934)
  • Václav Řezáč: Poplachv Kovářské uličce (1934)
  • Else Hinzelmanová: Inka jde svou cestou (1934), (dt. Else Hinzelmann: Ina geht ihren eigenen Weg, 1933)
  • Emil Holan: Jirkův velký vynález (1934), (dt. Manfreds große Erfindung, 1938)
  • Emil Holan: Jan Kalista, hockeyista (1935)
  • Mato Lovrak: Vlak v závěji(1935), (kroat. Vlak u snijegu, 1933)
  • Erich Kästner: Létající třída (1935), (dt. Das Fliegende Klassenzimmer 1933)
  • Erich Kästner: Emil a tři dvojčata (1936), (dt. Emil und die drei Zwillinge, 1934)
  • Nora Fried (d.i. Norbert Frýd): Pusťte basu do rozhlasu. Kniha moderních pohádek (1936)
  • E(rnst) Meder: Cirkus osmi zázraků (1937), (dt Die große Wunderschau, 1937)
  • Alex Wedding: Ledové moře volá! (1937), (dt. Das Eismeer ruft, 1936)
  • Mato Lovrak: Nepřítel č. 1. (1937), (kroat. Neprijatelj broj 1, 1937)

(Faerber, S. 16)

Im Verlagsprogramm waren ebenfalls, neben Sachbüchern für Kinder, auch tschechische Übersetzungen aus der Weltliteratur, wie etwa Thomas Manns Der kleine Herr Friedemann (1930), Stefan Zweigs Novelle Angst (1933), Jakob Wassermanns Der lange Weg nach Golgatha (1931), Marcel Prousts, oder George Bernard Shaws Socialism for Millionaires (1931)

Zur weiteren Firmengeschichte liest man bei Faerber:

“Sein Sohn Karl Synek (9.3.1896, Prag – 20.8.1943, Theresienstadt) absolvierte die Höhere tschechische Realschule im damaligen Prag 7, wurde zum Militärdienst eingezogen und geriet 1915 an der russischen Front in Gefangenschaft. Nach seiner Rückkehr im Jahr 1920 arbeitete er von 1921–1925 im Staatsdienst in der Sozialfürsorge.
1925 trat er als Praktikant in den Betrieb seines Vaters ein, wurde im November 1928 Mitbesitzer und erhielt im Oktober 1934 die Konzession auf seinen Namen. Schließlich übernahm er Anfang 1935 die Firma, die nun auf Karel Synek lautete.
Im März 1939 übertrug Karel Synek die Buchhandlung und den Verlag an die Schwester seiner Frau, Karla/Karolina Kolářová (31.7.1905, Říčany –22.9.1990, Prag), eine Absolventin der Prager juridischen Fakultät.
Ab Mai 1939 bemühten sich die Standesorganisationen vergeblich, für den in einer Lungenheilanstalt stationierten Synek eine Ausnahme von den rassistischen Protektoratsverordnungen zu erlangen. Die Übertragung der Firma auf Karla Kolářová (Firmenbezeichnung zuerst Karel Synek, Besitzer Dr. Karla Kolářová, ab 1940 Dr. Karla Kolářová, vormals Karel Synek) wurde aber nicht anerkannt (…)
Im Lauf des Jahres 1942 wurden sowohl Karel als auch Adolf Synek nach Theresienstadt deportiert, wo beide umkamen. Karla Kolářová setzte mit ihrer eigenen Konzession aus dem Jahr 1939 die ursprüngliche Firma selbständig mit einem reduzierten Programm bis zum Juni 1943 fort, als ihr Verlag gemäß einer Kriegsverfügung eingestellt wurde.
Karl Syneks Witwe, Vlasta Synková (geb. Kolářová, 10.11.1906 –21.10.1973), die schon ab 1940 im Verlag von Karla Kolářová angestellt war, erneuerte 1945 die Firma und führte sie noch bis zum März 1949 weiter.” (Faerber, S. 11–12)


Anmerkungen

[1] Gerda Faerber: Der tschechische Emil. Zur Rezeption der Kinderromane Erich Kästners in Tschechien und ihre Übersetzungen. Diplomarbeit Univ. Wien 2012. (http://othes.univie.ac.at/24209/1/2012-11-26_6201040.pdf.)

[2] Was den Umfang der Verlagsproduktion betrifft, so verzeichnet der Online-Katalog der Tschechischen Nationalbibliothek in Prag unter Synek 326 Einträge.